Im digitalen Umfeld gibt es viele spannende Entwicklungen und die Diskussion um gut aufgestellte digitale Unternehmen wird auch zunehmend an der Börse geführt. Allerdings wird wenig darüber gesprochen, welche Unternehmen wohl untergehen werden, weil sie den richtigen Zeitpunkt für die Digitalisierung verpasst haben. Wie man bei Kassenzone grade sehr anschaulich lesen kann, sind einige Firmen mit doch sehr merkwürdigen Strategien unterwegs. Die digitalen Vorreiter aber werden vielfach erörtert und z.B. durch die K5 Fond Aktivitäten auch für Investoren greifbar dargestellt. Daher bietet sich uns hier ein sehr spannendes Gegenbeispiel an. Welche Firmen sind, grade durch die Effekte der Digitalisierung, als Kandidaten für einen Leerverkauf – auf Englisch so schön Short Selling – einzuschätzen? Es stellt sich außerdem die Frage, wer durch diese Entwicklung in die Lage versetzt wird, Firmen im Short Selling Modus zu betrachten.
Schon jetzt sind zahlreiche, meist US-basierte Hedge Funds auf dem deutschen Markt aktiv. Wie relevant sind diese in der aktuellen Lage anzusehen? Vieles spricht hier für eine sehr hohe Relevanz. Denn verfügen Hedge Funds traditionell nicht nur über extrem viel Eigenkapital, sondern können auch gleichzeitig bis zum 10fachen des Eigenkapitals hebeln. Somit verfügen Hedge Funds über ausreichend Kapital, um auch deutsche Groß-Unternehmen in Schwierigkeiten zu bringen. Weiterhin sind diese spekulativen Anleger kaum reguliert und können meist extrem schnell agieren, ohne auf Regulierungen oder Gesetzgeber Rücksicht zu nehmen. Einige Firmen, wie u.a. die HSH Nordbank, Software AG und die Depfa Bank erleben grade auch wie es sich anfühlt, wenn Hedge Fund Manager entweder Aktien oder Schuldscheine in den öffentlichen Märkten erwerben und pro-aktiv die Short Selling Strategie anwenden. Wie gehen die Hedge Funds hier vor? Im ersten Schritt wird die Short Position eingekauft, d.h. Aktien werden mit dem Ziel eines fallenden Börsenkurses gekauft. Anschließend wird pro-aktiv dafür gesorgt, dass der Börsenkurs bzw. der Handelswert von Anleihen auch wirklich fällt. Wie wird das gemacht? Das Unternehmen wird z.B. in Analysten Gesprächen und über Bankvertreter massiv angegriffen, was die Wahrnehmung des Firmenwertes unter Investoren deutlich senkt und somit fällt der Aktienkurs. Oft spekulieren Hedge Fund Manager darauf, dass sich bestimmte Probleme schnell manifestieren, die bislang nicht vom Markt in der bedrohenden Ernsthaftigkeit verstanden wurden. Da ist die „Digitalisierungsfaulheit“ in der deutschen Industrie eine Steilvorlage.
Die zunehmend fehlerhafte bzw. zaghafte Digitalisierung des Kerngeschäftes vieler Unternehmen bietet den Hedge Fund Short Strategen hier gefundenes Fressen. Große Unternehmen werden nicht zuletzt aus diesem Druck heraus darstellen müssen, wie sie sich im digitalen Bereich aufstellen wollen, um nicht in den Fängen der Spekulaten zu landen.
Geschieht dies allerdings doch, wie geht es dann nach dem erfolgreichen Short Selling für den Hedge Fund und das jeweilige Unternehmen weiter? Sollte der Hedge Fund sehr erfolgreich gewesen sein, dann ist der Börsenkurs des jeweiligen Unternehmens massiv gefallen und oft wird im nächsten Schritt das Unternehmen dann direkt vom Hedge Fund als „distressed asset“ übernommen und entweder zerschlagen oder ausgeschlachtet. Kein schönes Ende für die einst erfolgreichen Firmen.
Neben den vielen digitalen Gewinnern wird es immer deutlicher, dass es in den nächsten Jahren zahlreiche Verlierer geben wird, die zum Ziel von Short Sellern werden könnten. Im ersten Schritt sind sicherlich traditionelle, stationäre Geschäfte davon betroffen, aber auch einzelne Hersteller könnten durchaus Ziele der spekulativen Investoren darstellen. Bei Digitalkaufmann werden wir auf jeden Fall die Augen offen halten, welche Firmen hier in Gefahr geraten und deren Fälle hier in Berichten und Fallstudien erörtern.
Lieber Nils, mich würde interessieren, was passiert, wenn der Börsenkurs des jeweiligen Unternehmens nicht massiv fällt?
Hi Karl – dann würde im schlimmsten Fall (für den Hedge Fund) der Fund nicht „in the money“ sein d.h. wenn der Kurs weniger fällt als geplant muss der Hedge Fund den Verlust ausgleichen und verliert somit Geld. So lange der Short Sale allerdings profitable abgewickelt werden kann ist der Hedge Fund ein Gewinner und kann sich überlegen, ob die Übernahme der gesamten Firma überhaupt sinnvoll ist.
Hi Nils,
glaubst du das die Strategie nur bei „alteingessenen Unternehmen“ stattfinden wird, welche die Diagitalisierung verschlafen oder auch bei „neueren“ Unternehmen wie z.B. Rocket Internet, die ja zur Zeit auch erhebliche Probleme mit den Investoren haben/hatten?
Hallo David
Ich würde im Prinzip jedes an der Börse gehandeltes Unternehmen als mögliches Ziel sehen. Die Frage ist nur, ob sich die Hedge Funds so gut mit den neueren Unternehmen auskennen, um Schwächen für einen „Angriff“ nutzen zu können. Rocket Internet als Holding könnte aber z.B. durchaus ein Ziel dieser Strategie werden, da Conglomerate/Holdings ja schon oft von Hedge Funds gezielt auseinander gebaut wurden. Im einzelnen kommt es aber auf die Konstellation Hedge Fund/Target an.