Ich muss offen gestehen – ich bin im Urlaub. Den nutze ich aber dazu viele Artikel zu verfassen und natürlich auch um spannende Entwicklungen an der Westküste der USA nachzuverfolgen. Neben einer sehr schönen Zeit bei und auf einem Vulkan bin ich in Portland ganz nichtsahnend in eine Mall gelaufen die nicht nur extrem voll war, sondern auch so einige Retail Experimente der „neuen“ Firmen beinhaltet hat. Übrigens gibt es in Oregon auch keine „Sales Tax“ und daher ist hier das (stationäre) Einkaufen immer eine gute Idee. Neben Tesla und dem Apple Store konnte ich ausgiebig in einem der wenigen „Amazon Books“ Läden in den USA einkaufen. Hier meine Erfahrungen zum Verhalten und Auftreten von Amazon im stationären Geschäft.
Im ersten Schritt sieht der Laden relativ normal aus. Im vorderen Teil werden die Amazon Technik Produkte angeboten, Amazon Basic Produkte präsentiert und Workshopstationen erläutern die näheren Funktionen der Amazon Produkte. Der Fokus auf reine von Amazon hergestellte Produkte im ersten Drittel des Ladens sollte übrigens allen Händlern/Lieferanten/Herstellern sehr zu denken geben. Ansonsten gibt es sehr, sehr viele Bücher und im Kinderbereich eine kleine Selektion an Spielzeugen. Erst bei genauerem Hinsehen merkt man, dass man lediglich in einem erweiterten Frontend des Amazon Online Stores steht. Ein sehr wichtiger Aspekt ist die Produktdarstellung. Die Vorderseite des jeweiligen Buches ist sichtbar. Trotz der sehr engen Gänge wird der Buchladen somit nur einen Bruchteil des regulären Buchsortiments eines Ladens beinhalten können (wo man nur den jeweiligen Buchrücken sieht). Alle Empfehlungen und Büchertische basieren auf Online Informationen und Daten von Amazon. Die Empfehlungen sind von Nutzern erstellt, an jedem Artikel kann man einzelne Bewertungen lesen und man sieht wie viele „Sterne“ der jeweilige Artikel bei Amazon bekommen hat.
Eine sehr interessante und am Anfang extrem verwirrende Erfahrung ist das Fehlen von Preisen. Hier muss man mit dem jeweiligen Produkt zum Scanner laufen und dort erfährt man dann den regulären Preis und den Amazon Prime Preis. Dass der Laden eigentlich nur für Prime Mitglieder ist, merkt man dort zum ersten Mal und beim Checkout wird es dann richtig deutlich. Konsequenter Weise wirbt Amazon damit, dass man als Amazon Prime Kunde immer den günstigsten Preis bekommt und durch das Aufdrucken von Preisen würde die dynamische Preisgestaltung bzw. Preisabgleich mit den Online Store nicht funktionieren. Daher konsequenter Weise keine gedruckten Preise aber das implizierte Versprechen immer der günstigste Anbieter zu sein.
Ansonsten hat es mich überrascht, dass der Einsatz von Technik sehr überschaubar ist. Gelegentlich steht mal ein Kindle herum um ein Buch weiter zu erkunden aber die Produktbewertungen sind auf Papier gedruckt und nur am Kindertisch konnten wir ein bisschen mit Tablets spielen. Die Mitarbeiter haben kleine Handscanner die im Großen und Ganzen aber auch nur den Funktionsumfang von Scannern in einem Logistiklager haben. Gefühlt ist das Sortiment auch komplett dargestellt und die Mitarbeiter empfehlen daher bei einigen Artikeln (Sandspielzeug) die nicht mehr vorhanden waren doch „online“ zu bestellen.
Der Check Out war sicherlich am interessantesten. Mein deutscher Amazon Account hat leider nicht funktioniert und hätte ich nicht auch einen US amerikanischen Account gehabt, wäre ein Einkauf zu diskontierten Preisen nicht möglich gewesen. Bei einem Einkauf von USD38 nach USD17 Rabatt hätte ich dann sicherlich meinen Einkauf abgebrochen oder wäre Prime Mitglied in den USA geworden.
Daher ist der Check Out sicherlich eine gute Konvertierungsmaßnahme für US Kunden aber verwirrend und abschreckend für internationale Kunden. Bargeld wird ebenfalls nicht akzeptiert und daher gibt es keine Kassen mehr. Würde man in den USA leben, wäre das Bezahlerlebnis und die Verknüpfung mit der eigenen Amazon App aber schon sehr praktisch. Eine Eingabe von Zahldaten oder anderen Logins ist nicht erforderlich.
Insgesamt ist es eine sehr interessante Erfahrung zu sehen, wie ein Online Händler den stationären Handel interpretiert und das Konzept Online to Offline in die Wirklichkeit übersetzt. Hier werden Informationen und Daten aus der digitalen Welt genutzt, um die stationäre Erfahrung des Kunden zu verbessern. Als Prime Mitglied kann man auch alle „alten“ Zahlungsmethoden in der Hosentasche lassen und nur mit dem Mobiltelefon den Einkauf erledigen. Wie praktikabel sind aber die einzelnen Maßnahmen? Macht es wirklich Sinn in einem stationären Geschäft nach den Prinzipien eines Online Stores zu kaufen? Der sehr freundliche Mitarbeiter beim Check Out meinte auch, dass alle Einkäufe innerhalb des Stores in meinem Online Konto sichtbar sind und genau so behandelt werden wie die Online Einkäufe auch. Meiner Meinung nach kann man im Amazon Books Store sehr beeindruckend sehen, dass die Online Welt schon bald die Richtung im stationären Geschäft angeben wird. Jetzt aber weiter zum E-Auto gucken …
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Hallo Nils,
ich bin auf deinen interessanten Artikel gestoßen. Finde ihn sehr hilfreich. Vor allem aber deine Erläuterungen zu Retail Geschäft und zu Amazon, finde ich mehr als gelungen und sehr empfehlenswert. Danke dafür. Genau danach hatte ich gesucht.
Liebe Grüße
Mila