In letzter Zeit sind die Verschiebungen durch den Ausbau von digitalen Vertriebskanälen bzw. Geschäftsmodellen wieder stark in der Publikumspresse präsent geworden. Firmen wie Praktiker und Max Bahr folgen den vielen Firmenpleiten, während andere etablierte Unternehmen radikal die Digitalisierung nach vorne bringen. Springer verabschiedet sich aus dem Print Geschäft und verkauft unter anderem die Grundmauern auf dem der Konzern erbaut wurde. Während große Handelskonzerne immer mehr auf Digitalisierung setzen und hier auch gleichzeitig die Konzernnachfolge regeln.
Hier macht es Sinn die Zahlen genau unter die Lupe zu nehmen. Zwei besonders prominente Beispiele sind die kürzlich veröffentlichen Ergebnisse der ProSiebenSat1 Gruppe und die von Axel Springer. Beide Unternehmen sind konsequent in die Digitalisierung eingestiegen und ernten jetzt die ersten erfreulichen Ergebnisse.
Die digitale Sparte von ProSiebenSat1 hat nicht nur Zugewinne bei den Umsätzen gezeigt, sondern hier auch ein EBITDA Zuwachs erzielt – wobei zu beachten ist, dass die Marge insgesamt gefallen ist – sollte dieser Trend sich weiter fortsetzen, wäre auch hier ein Problem zu sehen. Insgesamt ist die Sparte aber gesund und erzielt Gewinne für das Unternehmen. Allerdings ist auch zu beachten, dass digitale Geschäftsmodelle auch die klassischen TV Medien positiv beeinflussen, da hier verstärkt auf TV Werbung gesetzt wird.
Axel Springer hat sich nach dem Erfolgten Abstoß der Printmagazine nun vollständig auf das digitale Geschäft fokussiert. Das wird auch aus der Pressemitteilung klar, die alleine schon mit dem Titel die neue Ausrichtung klar aufzeigt „Axel Springer mit kräftigem Umsatz- und Ergebniswachstum im digitalen Geschäft“ – aber ist hier alles wirklich so positiv wie geschildert? Das digitale Geschäft trägt 45% des Ergebnisses bei und „das EBITDA der Digitalen Medien legte um 23,3 Prozent auf EUR 136,5 Mio. zu. Die EBITDA-Rendite des Segments stieg von 20,4 Prozent auf 21,3 Prozent.“ Auf den ersten Blick – ja – alles so positiv wie geschildert. Wobei natürlich zu sehen bleibt ob die knapp 7% organisches Wachstum gehalten werden können. Bei etablierten Geschäften wie dem Performance Marketing durch Zanox ist das jedenfalls nicht der Fall – hier sind die Rendite um 0,8% gefallen.
Was interessant ist zu sehen, wie Springer diese Erfolge erzielen konnte und was dies für die angestrebte Digitalisierung von anderen Unternehmen bedeutet. Hier ist vor allem die Übertragung des „alten“ Geschäfts in die digitale Welt ein Profittreiber.
Die höchsten Rendite werden bei den Konzernnahen Tätigkeiten im „Classified“ Bereich erzielt.
“Den höchsten Beitrag zum erfreulichen Wachstum der Digitalen Medien lieferte die dritte Säule Axel Springer Digital Classifieds. Der Umsatz der Säule, zu der die Rubrikenportale SeLoger, Immonet, Immoweb.be, StepStone, Totaljobs und meinestadt.de gehören, wuchs im ersten Halbjahr um 31,9 Prozent auf EUR 197,1 Mio. (Vj.: EUR 149,4 Mio.). Der Umsatz legte sowohl organisch als auch durch Akquisitionen zu. Während sich das EBITDA der Säule um 29,6 Prozent auf EUR 82,5 Mio. (Vj.: EUR 63,7 Mio.) erhöhte, belief sich die EBITDA-Rendite auf 41,9 Prozent (Vj.: 42,6 Prozent).”
Dies bedeutet, dass die Strategie von Springer erst in bekannte Erlösmodelle im digitalen Bereich zu investieren auf gegangen ist. Auch andere Firmen sollten nicht direkt in völlig neue Modelle investieren, sondern aus der Springer Strategie die Lehre ziehen das alt bekannte zu digitalisieren, bevor reines Venture Investment Verhalten gezeigt wird.
Wie geht es jetzt bei Springer weiter? Organischer Wachstum wird zukünftig zeigen, ob die Digitalisierung nachhaltig umgesetzt wurde. Allerdings dürften durch die Verkaufserlöse der Printmedien in den nächsten Jahren auch Zukäufe nicht problematisch sein – daher können wir hier sicherlich auf viele neue Investments gespannt sein.
Es gibt allerdings auch Firmen die diese Wende nicht mehr geschafft haben und nun erschreckende Ergebnisse publizieren müssen. Die Metro Gruppe Tochter MediaSaturn steigert zwar den Online Umsatz drastisch aber dies für einen hohen Preis – die Sparte rutscht noch tiefer in die roten Zahlen als erwartet. Weiterhin wird hier eine Besorgnis erregende Erklärung gegeben „Decline in EBIT solely due to further price investments to successfully gain market shares.“ Der Einbruch bei der Profitabilität wird also mit Marktanteilskauf erklärt, nicht mit einer verfehlten digitalen Strategie? Wir das auch intern so gesehen? Was soll hier zukünftig zur Profitabilität führen bzw. was passiert nachdem die Marktanteile temporär eingekauft wurden? Geiz ist zwar geil aber zukünftige Profitabilität wäre sicherlich noch viel „geiler“.
Die nächsten Pleiten sind sicherlich mehr eine Frage von Monaten als von Jahren.