in Amazon Toolbox, Analyse

Während Meta, Alphabet (Google) und Microsoft recht gut durch die KI-Welle navigieren und teils gar vorneweg segeln, fallen Apple und Amazon zurück. Ein paar Gedanken zu Innovationen in Tech und E-Commerce.

„It’s always Day One!“, sagte Amazons Deutschlandchef erst neulich wieder im Interview mit dem Handelsblatt. Ich sage: Code Alpha! Damit werden medizinische Notfälle auf Schiffen kodiert. Passt insofern, als dass Amazon mittlerweile ein schwerfälliger Tanker ist, dessen Besatzung dringend etwas tun sollte.

Amazon: Kundenzentrierung, wo?!

Denn Amazon ist nicht mehr der Innovationsführer von einst. Wer sich an die Jahre erinnert, in denen Amazon den Wettbewerb getrieben hat, spürt den Kontrast: Heute reagiert Amazon, anstatt voranzugehen.

77 Milliarden Euro habe Amazon seit 2010 allein in Deutschland in Logistik gesteckt. Beeindruckend, ja. Aber reicht das? Während asiatische Plattformen aggressiv auf Kundenansprache, Werbung und Preise setzen, wirkt Amazon wie ein Konzern, der sich im eigenen Vorsprung eingerichtet hat. Zu allem Überfluss zeigt mir der neue KI-Assistent Rufus statt Premium-Empfehlungen Billigprodukte.

Das Versprechen „Kundenzentrierung“ – einst der Maßstab für den gesamten Handel – droht zu verblassen. Überraschung? Fehlanzeige. Sparkle? Fehlanzeige.

Der gesamte Handel hat von Amazon die unbedingte Kundenzentrierung gelernt. Doch genau die scheint als Folge des unglaublichen Erfolgs und der Quasi-Monopolstellung, wenn es um E-Commerce (in Deutschland) geht, immer mehr verloren zu gehen.

Das Schizophrene dabei: Amazon ist noch immer ein, wenn nicht gar DER Top-Player im E-Commerce. Aber der Ruf bröckelt eben gewaltig. Und das sag’ ich, der immer bullish bei Amazon ist…

Die Kernfrage bleibt, ob Amazon angesichts der Konkurrenz und sich wandelnder Kundenbedürfnisse wieder schneller bzw. vor der Welle (!!!) agieren kann, um seine „Day One“-Dynamik zurückzugewinnen.

Apple: Der gut geführte Dinosaurier

Kommen wir zu Apple, dem ewigen Vorzeigeunternehmen. (Bei The Pioneer gab es dazu eine tiefgehende Analyse, bei der auch mein Urteil gefragt war.) Das Erfolgsrezept: Hardware + Software = Milliardenumsätze. Sogar die AirPods allein wären als Konzernsparte groß genug für den DAX. Die Marke Apple ist unangefochten, die Loyalität der Fans ungebrochen. Doch: Wo ist der nächste große Wurf?

 

 

Ein dünneres iPhone, wie das kürzlich präsentierte iPhone 17, ist kein echter Fortschritt. Und in anderen Kategorien – Wearables, Brillen, AR – konnte Apple keinen neuen Blockbuster schaffen. 

Ja, Apple wird auch in den nächsten Jahren eine Führungsrolle im Smartphone- und Computermarkt innehaben. Nicht, weil sie innovativ vorpreschen, sondern weil das Apple-Ökosystem und die Marke so stark sind.

Mit Blick auf die Zukunft ist das aber eine gefährliche Komfortzone: Apple ist träge geworden. Anstatt Märkte neu zu definieren, wie einst mit dem iPhone, sehen wir heute nur inkrementelle Verbesserungen.

Der größte Schwachpunkt: Künstliche Intelligenz. Während Wettbewerber wie Google, Microsoft oder OpenAI die Richtung vorgeben, wirkt Apple defensiv und ohne Strategie. Bei der Präsentation des neues iPhones war etwa von Apple Intelligence keine Rede mehr. Ein Desaster, das auch neue Features wie die Live-Übersetzung von iOS 26 nicht wettmachen können.

Mit dem Kerngeschäft kann Apple in Sachen Zukunftsfähigkeit im Vergleich zu anderen Techkonzernen kurzfristig mithalten, aber langfristig droht der Anschlussverlust. Ohne eine klare KI-Strategie oder eine neue Produktkategorie riskieren sie, vom Innovator zum Verwalter zu werden. Um relevant zu bleiben, braucht es einen „Big Bang“: entweder eine führende Rolle im KI-Bereich oder den Einstieg in eine neue, massentaugliche Produktwelt.

Ein großer Dinosaurier zu sein, hat übrigens den Vorteil, über große Kapitalreserven zu verfügen; die könnte Apple nutzen, um Innovation einfach einzukaufen und dadurch vielleicht noch auf die Überholspur zu wechseln. Oder aber, es kommt zu einem Extinction Event…

 

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