in Entrepreneur Radar

Frankfurt BörseDer Besuch  bei der Exitcon war wieder einmal ein spannendes Erlebnis. Viele bekannte Gesichter aus der Unternehmer Szene und eine Vielzahl von mal bekannten, mal unbekannten Dienstleistern, die Ihre Angebote unter die Leute bringen wollen. Somit erst einmal nichts Besonderes – was besonders war ist natürlich die Nähe zur hohen Politik in Berlin. Die Eröffnungsrede von unserem Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel war eine wirkliche Überraschung. Nicht nur war die Rede fachlich gut ausgearbeitet, sie hat auch ein echtes Interesse des Ministers an der jungen Start-Up Branche anklingen lassen. Es ist auf jeden Fall erfreulich, dass das Thema eine ganz neue Relevanz hat. Vor allem seine fachliche Auseinandersetzung mit Themen wie der Reduzierung/Aufhebung von Verlustvorträgen bei Gesellschafterwechsel (ein Thema das mir sehr am Herzen liegt) zeigt, dass die Gesetzgebung langsam aber sicher auch für Start-Ups und Finanzinvestoren verbessert werden soll. Hierzu hat sicherlich auch der Bundesverband Deutsche Startups ein ganzes Stück beigetragen.

Jetzt aber zur thematischen Ausgestaltung. Zu der Konferenz und den Workshops wurden zahlreiche relevante Speaker eingeladen. Gleich am Anfang wurde aber auch klar, dass der Name „Exitcon“ falsch gewählt wurde. Aus Sicht eines Unternehmers ist die IPO lediglich ein Weg um frisches Kapital zu erhalten und es Investoren aus früheren Runden einfacher zu machen den gewünschten ROI zu realisieren. Ein Unternehmer/Gründer der im Zuge einer IPO abspringt, würde wohl den dadurch resultierende Kurseinbruch die Zeit am Strand mit den Erlösen aus dem Börsengang ganz schön verderben. Das schöne an einer IPO ist sicherlich die neue Kapitalspritze und die damit verbundenen Wachstumsmöglichkeiten, bei denen dann das Management Team aus dem Vollen schöpfen kann. Exitcon ist somit nur der richtige Begriff für Kapitalgeber, aber nicht für die Gründer bzw. das Management Team.

Weiterhin wurde auch über eine relevante Größe gesprochen. Ein sehr praxisnaher Vortrag von Uwe Bögershausen (SLM Solutions Group AG) der als federführender CFO bereits 3(!) IPOs hinter sich gebracht hat, gab hier spannende Erkenntnisse. Vor allem das doch sehr übersichtliche Umsatzvolumen von EUR20 Millionen pre-IPO von SLM hat gezeigt, dass auch kleinere Unternehmen über eine IPO nachdenken können. Es ging aber insgesamt mehr darum ob eine Firmenbewertung von EUR100 Millionen oder doch EUR400 Millionen die richtige Schwelle für eine IPO ist. Hier wurde dann gesagt – „ach, so viele Firmen gibt es in Deutschland davon nicht“ – aber auch nur, weil deutsche Gründer keine Träume haben. „Think big or fail“ ist hier mehr so „I will think big if … … …“. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass die IPO nicht als Weg zu mehr Kapital, sondern als unerreichbarer Traum eines Mark Zuckerbergs gesehen wird. Das ist aber so nicht richtig – es ist ein durchaus valider Weg, wenn es um neue Kapitalquellen geht. Ein Unternehmen muss die richtige Equity Story haben und eine gute Geschichte erzählen, dann sind Umsatz und Gewinne gar nicht mehr so wichtig (Amazon, Twitter etc.).  Ein aktuelles Beispiel für absolute „best practice“ beim Equity Story ausarbeiten und rüber bringen ist Protonet mit der wieder laufenden Seedmatch Runde. Die Umsätze sind noch sehr überschaubar – die 8-stellige Bewertung ist bereits etabliert. Das ist Story Telling vom feinsten! Weiterhin sollte man aber auch die IPO Transaktionskosten nicht vergessen, mit einem wenigstens 7-stelligen Betrag muss man da wohl rechnen. Vielleicht schreckt das ja ab?

Noch ein Zusatz: völlig enttäuschen und sogar ziemlich dümmlich war der Vortrag der Deutschen Börse AG – sogar die ganzen Berater und die weniger zahlreichen Unternehmer haben nach einem einschläfernden Vortrag nicht mal geklatscht. ZU RECHT. Die Slides und Vorträge hätten auch vor einem Fachausschuss der Chemie- Pharma- Schwermetallindustrie gehalten werden können. Es gab keine Impulse für Gründer, Start-Ups oder auch nur eine ansatzweise zu erkennende Einsicht, dass junge deutsche Unternehmen auch über IPOs Geld bekommen sollten. Es wird nur leise auf die Risiken des neuen Markts verwiesen und nebulöse Kommentare zu „nachhaltigen“, „geplanten“ aber noch „geheimen“ Projekten gegeben. Na gut – mal gucken was kommt, aber es wäre an dieser Stelle hilfreicher gewesen, wenn es von der Börse einfach keinen Vortrag gegeben hätte oder mehr über immerhin eine kleine Initiative zur Teilnahme von Retail-Investoren bei Zeichnungen gesprochen werden würde. Ein anderes Highlight – oder man sollte doch wohl lieber Downlight sagen – war ein sehr gekonnter Hinweis, dass der einzige richtig erfolgreiche Tech Börsengang wohl SAP aus dem Jahre 1988 war  – schöne Zusammenfassung um zu zeigen, dass wir ein bisschen Nachholbedarf haben … so ca. 26 Jahre oder in anderen Worten: etwas mehr als ein viertel Jahrhundert – wenn das keine Motivation für die anwesenden Unternehmer war. Mit so einer „Deutsche Börse Dino AG“ wünscht man sich direkt das Plattformen wie Bergfürst LINK irgendwann erfolgreich werden, damit nicht nur auf der Spitze der Überheblichkeit darauf verwiesen wird, dass die Deutsche Börse eine der ältesten der Welt ist (toll für euch), sondern eine der innovativsten, die bei (Kapital-) Problemen den jungen deutschen Unternehmern als aufgeweckter, schneller Partner zur Seite steht. Nach der Vorstellung kann ich nur jedem Unternehmer raten die IPO in den USA zu machen und Deutschland den Rücke zu kehren. Grausam.

Insgesamt aber war die Konferenz ein wichtiger Impuls und ich bin gespannt, ob bei der nächsten Auflage mehr Unternehmer den Weg nach Berlin finden und wann wir den ersten „Neuer Markt 2.0“- Börsengang in Deutschland feiern können.

 

Noch ein privater Zusatz: Die Leute die mich kennen, wissen auch meine Vorliebe für gutes Essen. Die Exitcon ist da ein echtes Highlight und hat schon einmal „Konferenz Catering 2014“ klar gewonnen. Die KFW lässt sich also im Thema Räumlichkeiten und Catering nicht lumpen – trotz extrem niedriger Zinsen.

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