in Entrepreneur Radar

In der letzten Zeit haben sich die Nachrichten zu Zalando und natürlich auch dem neuem Gespenst am E-Commerce Himmel – Alibaba – grade zu überschlagen. Das ist spannend, wenn man gerne Aktien kauft oder einer der pre-IPO Investoren bei den Firmen war. Was bedeutet die Nachrichtenflut für die deutsche E-Commerce Szene und die dort aktiven Unternehmer?

Grade Zalando wird jetzt belächelt, weil die Kursentwicklung sehr überschaubar ist. Der Ausgabepreis von €21.50 wurde nicht wirklich langfristig gehalten, sondern hat sich zur Zeit bei ca. €18.50 eingependelt. Die Stützkäufe der Banken waren überschaubar und anscheinend wurde nicht auf einen höheren Kurs bestanden bzw. die Banken haben sich bei den Verhandlungen nicht auf hohe Stützkäufe einlassen wollen.

Die Entwicklung ist übrigens überraschend analog zu der Entwicklung von Asos verlaufen. Schaut man sich den Börsenkursverlauf der beiden Fashion-Riesen an, so ist die Entwicklung schon vergleichbar. Nach einem Peak fällt der Aktienkurs erheblich und pendelt sich dann auf einem schwächeren Niveau wieder ein (Screen Shot 1 – Quelle: Comdirect).Zalando 1

 

Asos hat auch im gesamten Jahr 2014 erheblich an Börsenwert eingebüßt. Woran liegt das und welche weiteren Schlüsse können wir daraus ziehen? Es könnte eine allgemeine Marktbereinigung sein, vielleicht bewerten Investoren den Retail Sektor kritisch, seit die Eurokriese wieder anklopft oder vielleicht sind die Daten beider Firmen nicht nach dem Investorengeschmack. Gleichzeitig hat Asos in den letzten Tagen wieder erheblich an Wert gewonnen aber Zalando ist weiterhin abgefallen.(Screen Shot 2 – Quelle: Comdirect).

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Es kann also viele Gründe für die gleichzeitige Abstrafung der beiden Fashion-Riesen geben. Ich persönlich warte jetzt erst einmal ganz gemütlich 6 Monate. Denn in 6 Monaten haben wir einen Einblick in die Zahlen aus dem Weihnachtsgeschäft UND wir wissen wie sich die Zalando Großinvestoren verhalten. Denn nach 6 Monaten endet der Investoren Lock-Up und sowohl die Samwer Brüder als auch ihre schwedischen Investoren können sich zum ersten Mal von Ihren Aktienpaketen trennen. Hier wird ihr Verhalten sicherlich zeigen, was wir in der Zukunft noch von Zalando erwarten können.

Insgesamt beurteile ich den Börsengang jedoch als extrem positiv für deutschen Gründer. Nicht nur wurde der Erfolg der deutschen Digitalszene jetzt durch Kapitalmarktaktivitäten untermauert, sondern die gesamte deutsche Szene hat gemerkt, dass IPOs doch eine Möglichkeit für deutsche Erfolgsgeschichten sind. Hier sehe ich vor allem die folgenden Bereiche als absolute Erfolgsgeschichten:

Börsenplatz Frankfurt!

Man sollte es nicht glauben aber nicht NASDAQ oder London Stock Exchange, sondern Frankfurt wurde für den Börsengang gewählt. Warum weiß ich zwar nicht genau, da London meiner Meinung nach erheblich logischer gewesen wäre, aber egal. Immerhin haben wir endlich eine IPO in Deutschland, welche für erheblichen Medienecho in der breiten Publikumspresse geführt hat.

Unternehmer wissen einfach mehr!

Deutsche Unternehmen lesen endlich einmal Börsennachrichten, Prospekte und Quartalszahlen. Der Börsengang hat nicht nur die Berater und Banken offener für den deutschen Markt gemacht, sondern auch die Unternehmer selber diskutieren verstärkt das Für und Wider eines Börsengangs. Alleine dieser Effekt ist großartig, da Deutschland keine etablierte Börsenkultur hat und die meisten Unternehmer noch nicht mal ein rudimentäres Verständnis von Vorgängen der Börse haben. Das volle Rampenlicht der Rocket und Zalando IPO hat das nachhaltig geändert und die öffentlichen Märkte sind fest auf der Gründerlandkarte in Deutschland angekommen. Eine wirklich wichtige Entwicklung, die der stätig wachsenden digitalen Wirtschaft in Deutschland erhebliches Wissen eingebracht hat.

Medienvertreter lernen dazu!

Die Qualität des deutschen Finanzjournalismus ist so gering, dass jede Bewegung in diesem Bereich hilft. Zwar ist es deutlich, dass die meisten Finanzjournalisten sich nicht die Mühe gemacht haben die Zalando und Rocketunterlagen zu lesen aber immerhin hat das Thema viel Beachtung gefunden. Hintergrundbericht der Wirtschaftswoche und anderer Medien sind da eine echte Bereicherung und es bleibt zu hoffen, dass diese Medien ihr Sachverständnis für den gesamten digitalen Bereich ausbauen. Auch hier gibt es ja keine wirkliche Börsenkultur aber die einzelnen Personen hinter den Unternehmen sprechen schon viel mehr mit Journalisten. Es bleibt zu hoffen, dass das zu einem höheren Bildungsniveau in den Fachpresseredaktionen führt.

Institutionelle und private Investoren bekommen einen neuen Exit-Kanal

Endlich kann man bei den Exit Möglichkeiten für deutsche Unternehmen auch als Exit Kanal „IPO“ schreiben, ohne ständig nur ausgelacht zu werden. Vor allem für institutionelle Investoren und Private Equity Firmen ist der Börsengang eine relevante und elegante Möglichkeit Gewinne zu erzielen und die Beteiligungen zu liquidieren. Daher können deutsche Unternehmen einen besseren „Case“ für Beteiligungen aufbauen und es bleibt zu hoffen, dass Investoren darin bestärkt werden weiterhin Finanzierungen in der deutschen Digitalszene durch zu führen.

Insgesamt beurteile ich den Börsengang, unabhängig von der Börsenkursentwicklung von Zalando und Rockt, als extrem gut für deutsche Unternehmer und freue mich darüber, dass das Jahr 2014 so eine starke Entwicklung für die deutsche Unternehmenslandschaft gebracht hat.

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